Berlin – Es gibt Tage, da sollte man einfach nicht ins Fernsehen gehen. Für Außenminister Johann Wadephul war der 18. Juni 2025 so ein Tag. Mit dem Brustton der Überzeugung erklärte der CDU-Politiker bei Welt TV, die Vereinigten Staaten würden sich natürlich nicht an einem Krieg gegen den Iran beteiligen. „Das haben sie von Anfang an klar gesagt“, dozierte Wadephul, als hätte er persönlich einen Eid von Joe Biden entgegengenommen.
Nur vier Tage später zischten bunkerbrechende US-Bomben in iranische Atomanlagen – und Wadephuls außenpolitisches Urteilsvermögen in die politische Realsatire. Man stelle sich die Szene vor: Der deutsche Außenminister sitzt morgens mit Kaffee und Frankfurter Allgemeine im Büro, blättert zur Außenpolitik – und erfährt vom Angriff der USA so wie wir alle: aus den Nachrichten. Kein Anruf aus Washington. Kein diplomatischer Wink. Nicht mal ein höflich-distanzierter „FYI“-Tweet.
„Mir ist das überhaupt nicht unangenehm, falsch gelegen zu haben“, sagte Wadephul danach im ZDF. Und das ist wohl das eigentlich Beunruhigende. Denn wenn man bei einer militärischen Eskalation zwischen zwei Großmächten nicht peinlich berührt ist, öffentlich falsch gelegen zu haben, dann hat man sich vielleicht schon innerlich vom Anspruch verabschiedet, als Außenminister ernst genommen zu werden.
Deutschland – früher noch als Mittler und Stimme der Vernunft geschätzt – scheint inzwischen in außenpolitischen Fragen den Status eines interessierten Beobachters erreicht zu haben. Offenbar reicht es heute, wenn man die internationalen Nachrichtenkanäle halbwegs flüssig übersetzen kann. Wer braucht schon Diplomatie, wenn man später einfach eingestehen kann, dass man danebenlag – in etwa wie ein Wettermoderator, der mitten im Platzregen grinst: „Tja, da lag ich wohl daneben mit dem Sonnenschein.“
Es ist bezeichnend, dass die USA Deutschland nicht einmal als würdig erachteten, vorab über den Angriff zu informieren. Früher hätte ein transatlantischer Verbündeter vielleicht wenigstens höflich gefragt: „Wollt ihr das vorher wissen oder lieber überrascht werden?“ Heute gibt es nicht mal mehr ein Memo.
Dass Wadephul sich dennoch bemühte, dem Iran einen „letzten diplomatischen Ausweg“ zu signalisieren, wirkt wie der Versuch, ein brennendes Haus mit höflichen Ermahnungen zu retten: „Vielleicht könnten Sie bitte kurz mit dem Feuer aufhören?“
Währenddessen jubeln Kritiker in der Opposition: „Leider setzt Wadephul die katastrophale Performance von Baerbock und Maas fort“, tönte es aus den Kommentarspalten – und man fragt sich, ob das Amt des Außenministers inzwischen per Ironie-Generator besetzt wird.
Der Fall Wadephul zeigt jedenfalls: In der deutschen Außenpolitik kann man heute einiges sein – nur nicht informiert. Die USA bombardieren, Berlin philosophiert. Und wenn alles schiefgeht, bleibt immer noch das ZDF-Studio, wo man mit einem Lächeln sagt: „Ich lag halt daneben.“
Einziger Lichtblick: Vielleicht wird das Ganze ja noch zur Serie. Arbeitstitel: „Außenpolitik am Rande der Kenntnis.“ Besetzung: Wadephul in der Hauptrolle – als Mann, der vom Weltgeschehen stets als Letzter erfährt.