Warum die Nominierung von Brosius-Gersdorf ein Verrat an eigenen Werten ist
Autor: Ein besorgter Beobachter des politischen Gedächtnisverlusts
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die CDU, offiziell Christlich Demokratische Union, stimmt der Wahl einer Verfassungsrichterin zu, deren Haltung zum Lebensschutz selbst unter liberalen Ethikern Kopfschütteln hervorruft. Die Rede ist von Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf – SPD-nominiert, verfassungsrechtlich versiert, aber mit einer Haltung zur Abtreibung, die bei konsequenter Umsetzung das ungeborene Leben bis kurz vor der Geburt rechtlich schutzlos stellen würde.
Und die CDU? Nickt. Applaudiert nicht – aber nickt.
Was bedeutet „christlich“ in CDU eigentlich noch?
„Christlich“ war einst der ethische Anker dieser Partei: das Bekenntnis zur Würde jedes Menschen, von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. In der Präambel des CDU-Grundsatzprogramms heißt es wörtlich:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie gilt für jeden, von Anfang an.“
Aber offenbar gibt es heute ein unausgesprochenes Kleingedrucktes:
„… es sei denn, der Koalitionsfriede ist wichtiger.“
Die Nominierung Brosius-Gersdorfs steht in eklatantem Widerspruch dazu. Ihre juristische Haltung zur Schutzwürdigkeit des ungeborenen Lebens ist klar dokumentiert: Sie betrachtet die volle Menschenwürde erst ab Geburt als verfassungsrechtlich sinnvoll – eine Linie, die selbst das aktuelle Bundesverfassungsgericht deutlich ablehnt. Bischöfe sprechen daher zu Recht von einem „radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung“.
Der eigentliche Skandal: Friedrich Merz
Als CDU-Vorsitzender und Oppositionsführer im Bundestag wurde Friedrich Merz am Mittwoch von Beatrix von Storch (AfD) gefragt, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dieser Kandidatin zur Verfassungsrichterin zu verhelfen. Seine Antwort:
„Ja.“
Das war’s. Keine Differenzierung, kein innerer Konflikt, keine christdemokratische Rhetorik – sondern ein trockenes „Ja“, als würde man einer Verwaltungskraft die Dienstreise genehmigen.
Diese Szene war nicht nur ein Tiefpunkt der Debattenkultur, sondern auch ein Offenbarungseid: Der Vorsitzende einer Partei, die sich einst mit „C“ schmückte, hat ihre letzten moralischen Markierungen im Nebel der politischen Opportunität geopfert.
Worum es eigentlich geht
Die Debatte um Abtreibung ist komplex. Es gibt tragische Einzelfälle, Grenzsituationen, medizinische Notwendigkeiten – das weiß jeder. Aber die rechtliche und ethische Grundlinie unserer Gesellschaft war bisher klar: Das Leben beginnt nicht erst, wenn es der Mutter in die Augen blickt.
Brosius-Gersdorfs Position jedoch ermöglicht faktisch ein Abrutschen in einen Zustand, in dem ein lebensfähiger Fötus im 8. oder 9. Monat keine verfassungsrechtlich garantierte Menschenwürde genießt. Das ist kein „liberaler Feminismus“, das ist ein Rückfall in biologistische Beliebigkeit.
Und die CDU nickt.
Politische Feigheit als Geschäftsmodell
Warum also dieser Kniefall?
Antwort: Um die SPD bei Laune zu halten und den mühsam zusammengezimmerten Kompromiss zur Verfassungsrichterwahl nicht zu gefährden. Es ging nicht um Prinzipien, sondern um politische Handlungsfähigkeit – also um Machterhalt.
Merz und Co. haben dabei nicht bloß ihre eigene Basis vor den Kopf gestoßen, sondern auch jede ernsthafte konservative Position zum Lebensschutz symbolisch begraben. Wer christdemokratische Prinzipien verteidigen will, ist in dieser CDU auf sich allein gestellt.
Fazit:
Diese Entscheidung war keine politische Notwendigkeit – sie war ein Akt der Entkernung. Die CDU verliert ihr „C“, nicht weil es ihr genommen wird, sondern weil sie es freiwillig auf dem Altar des politischen Bequemlichkeitsdenkens opfert.
Wer noch geglaubt hat, das „C“ bedeute etwas – Gewissensschutz, Lebensschutz, Verantwortung – wurde nun eines Besseren belehrt: Es steht mittlerweile wohl eher für „Charakterloser Durchgewurschtel-Union“.