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Die große Grenz-Theater-Show – Dobrindts Migrationswende als Realsatire

Berlin – Es war mal wieder Zeit für ein wenig öffentlichkeitswirksames Trommeln auf dem populistischen Blech: Alexander Dobrindt, CSU-Politiker mit dem festen Glauben, dass man Migration mit Ankündigungen aufhalten kann, trat am Dienstag vor die Presse und verkündete – Trommelwirbel! – eine „echte Migrationswende“. Was das bedeutet? Nun, vor allem: dass er in eine Kamera gesprochen hat.

Im Kern geht es darum, an den Grenzen wieder schärfer „zu kontrollieren“. Also mehr Bundespolizisten, strengere Auslegung des Asylrechts und – man höre und staune – Zurückweisungen von Menschen ohne Papiere. Dass dies schon längst möglich ist und rechtlich nicht neu, ignorieren wir für den dramaturgischen Effekt einfach mal galant. Schließlich muss der Bürger beruhigt werden – mit möglichst martialischer Sprache und viel Symbolik. Und wenn das Gefühl entsteht, Deutschland sei wieder „Herr seiner Grenzen“, dann hat das Innenministerium alles erreicht, was es erreichen wollte.

Dass es sich dabei eher um symbolische Fensterdekoration handelt als um durchgreifende Politik, erkennt man schon daran, dass weiterhin niemand erklären kann, wie genau man Menschen an der bayerischen Landesgrenze abweist, die über zig EU-Staaten gereist sind – ohne gleichzeitig das europäische Recht zu zerlegen. Aber wen interessieren schon Details, wenn man Pressekonferenzen abhalten kann?

Natürlich gibt es auch eine „Obergrenze“ – wie aus dem Ideenarchiv von 2016 gekramt. Dieses Mal sollen es 100.000 Menschen im Jahr sein. Warum 100.000? Nicht 97.214 oder 111.478? Ganz einfach: Weil’s rund klingt. Symbolpolitik muss schließlich auch in die Schlagzeile passen.

Zu Dobrindts Ensemble gehören:

* Ein Heer von Bundespolizisten, das „verstärkt kontrollieren“ soll. Was genau? Naja, eben „alles“.
* Sachleistungen statt Geld – der Evergreen der Abschreckungsfans. Dass es teuer, bürokratisch und ineffektiv ist? Geschenkt.
* Drittstaatenverfahren – weil sich nichts besser anhört als das Auslagern von Problemen.
* Einschränkungen beim Familiennachzug – weil nichts so unattraktiv ist wie das Versprechen, allein und ohne Hoffnung auf Wiedervereinigung in einem Lager zu sitzen.

Währenddessen protestieren Österreich und die Schweiz, weil sie jetzt noch mehr Menschen „zurückgenommen“ bekommen könnten. Aber auch das ist natürlich einkalkuliert – schließlich ist es das Wesen großer Illusionen, dass sie nur aus der richtigen Perspektive funktionieren. Frontal von Brüssel aus betrachtet, sieht man leider das Kaninchen wieder aus dem Hut hopsen.

Fazit: Dobrindts Maßnahmen sind wie ein Tatort am Sonntagabend – routiniert inszeniert, voller vertrauter Gesichter, vorhersehbar im Drehbuch, und am Ende ist der Mörder wieder „die Migration“. Nur echte Lösungen? Die bleiben wie so oft in der Werbepause stecken.