Man muss Friedrich Merz eines lassen: Er hat das Sommerinterview am Sonntagabend mit Bravour gemeistert – wenn das Ziel war, die Realität mit einem Dauerlächeln zu vernebeln. Während im Hintergrund die politische Kulisse bröckelte (Stichwort: Richterwahl-Debakel), lächelte sich der CDU-Kanzler beharrlich durch die 15 Minuten Sendezeit wie ein Verkaufsprofi auf einem Teleshopping-Kanal für Porzellanfiguren.
Richterwahl-Debakel? „Nicht schön, aber kein Beinbruch“
Ein Rückschlag bei der Wahl von Verfassungsrichtern, ein offener Aufstand in der eigenen Fraktion, ein Fraktionsvize (Jens Spahn), der die Koordination so effektiv betreibt wie ein betrunkener Dirigent auf einem Kreuzfahrtschiff – all das ließ Merz nicht als Krise gelten. Nein, das war einfach „nicht schön“. Wahrscheinlich ist auch ein Stromausfall im OP „nicht schön“, aber hey – kein Grund zur Panik, Hauptsache die Herz-Lunge-Maschine läuft irgendwie.
Rückendeckung für Spahn – Loyalität oder Betriebsblindheit?
Ob Jens Spahn nach diesem Fiasko noch tragbar sei? Aber natürlich! „Eindeutig ja“, sagt Merz mit der entschlossenen Milde eines Grundschullehrers, der sein Lieblingskind beim Abschreiben erwischt, aber es nicht übers Herz bringt, eine Sechs zu geben. Vielleicht hätte Spahn die Revolte in der Fraktion vorhersehen müssen, aber das kann ja mal passieren. Wahrscheinlich hatte er gerade andere Sorgen – etwa seine Frisur oder eine neue Instagram-Story über Selbstoptimierung.
Bürgergeld-Reform: Härte mit einem Augenzwinkern
Was tut man, wenn einem die Ideen ausgehen? Richtig – Bürgergeld reformieren! Mietkostendeckel, Wohnflächenprüfung, Rückumbenennung in „Grundsicherung“. Merz wirft mit Schlagworten um sich wie ein Jongleur mit glühenden Fackeln – man weiß nie, ob es beeindruckend oder gefährlich wird. Alles im Namen der „Gerechtigkeit“. Oder Sparwut. Oder beidem. Aber mit einem Lächeln, versteht sich.
Rente, Gesundheit, USA – die große Welt als Ablenkung
Auch zur Rente hat der Kanzler etwas zu sagen: Kapitaldeckung! Endlich! Nur drei Jahrzehnte zu spät, aber das kann man ja nachholen. Reformen bei Kranken- und Pflegeversicherung? Klar, klingt super. Auch wenn niemand weiß, wie die eigentlich aussehen sollen. Und dann noch die USA – bis zu 30 % Zoll drohen. Merz mahnt zur Geschlossenheit in der EU, während er gleichzeitig verspricht, persönlich mit Donald Trump zu sprechen. Vielleicht bei einem netten Glas Weißwein in Florida?
Gaza, Zwei-Staaten-Lösung – diplomatische Pflichtübungen mit Zahnpastagrinsen
Natürlich auch Außenpolitik. Gaza? Kompliziert. Israel? Auch. Aber Merz schafft es, beides kritisch zu erwähnen, ohne auch nur ansatzweise eine klare Haltung zu riskieren. Wahrscheinlich wollte er keinen verärgern – oder er hatte einfach Angst, dass sein freundliches Dauerlächeln bei einem echten Statement ins Wanken geraten könnte.
Der Mann mit dem Merkel’schen Zungenschlag – nur ohne Merkel
Friedrich Merz hat in diesem Interview vor allem eines gezeigt: Er hat das Handwerk der politischen Camouflage perfektioniert. Fragen ausweichen? Check. Probleme verharmlosen? Doppelt-Check. Verantwortung umdeuten? Dreifach-Check. Alles verpackt in einem Tonfall irgendwo zwischen Pastor und Gebrauchtwagenverkäufer.
Fazit: Wenn Schönwetter reicht
Der Sommer brennt, das Land ächzt unter Reformstau, Spaltungen und sozialen Spannungen – und Friedrich Merz lächelt. Immer weiter. Vielleicht, weil er glaubt, dass ein Kanzler kein Problemlöser, sondern ein Beruhigungsautomat sein sollte. Oder weil ihm langsam dämmert, dass unter der glatten Oberfläche seiner Koalition ein Haufen Sprengstoff liegt – aber solange niemand Feuer macht, kann man das ja ignorieren.
Bis zur nächsten Wahl. Oder dem nächsten Interview.
PS: Man munkelt, der Zahnpastahersteller blend-a-med überlegt, Merz als Werbegesicht zu verpflichten. Slogan: „Widerstand? Weglächeln!“