Deutschlands neue Hoffnung, sagt die New York Times

Berlin/New York – Die New York Times, bekannt für investigative Recherchen, Pulitzer-Preise und gelegentliche Realitätsverluste, hat sich dieser Tage zu einer bemerkenswerten Glanzleistung hinreißen lassen: Friedrich Merz sei „Deutschlands konservative Hoffnung“. Ja, genau der Friedrich Merz, der politische Flexibilität mit der Steifheit eines Besenstiels verwechselt und Visionen am liebsten mit Aspirin behandelt.

In einem Leitartikel lobt das amerikanische Traditionsblatt den CDU-Chef mit Worten, die selbst in der Parteizentrale für peinliches Schweigen beim Kaffeekränzchen gesorgt haben dürften. „Er kann Deutschland retten“, meint die Times. Offen bleibt: Wovor genau? Vor Windrädern? Gendersternchen? Oder gar dem Konzept einer sozialen Marktwirtschaft?

Natürlich geht es – wie könnte es anders sein – um Migration. Die New York Times feiert Merz’ Fixierung auf dieses Thema als pragmatisch. In Deutschland nennt man das: populistisch mit Sahnehäubchen. Dass Merz in Sachen Problemlösung ungefähr so differenziert vorgeht wie ein Vorschlaghammer im Uhrenladen, scheint den Autoren des Artikels entgangen zu sein.

Noch im März hieß es in selbigem Blatt, Merz sei ein Mann von gestern. Und jetzt? Plötzlich Hoffnungsträger? Da fragt man sich: Hat die New York Times den deutschen Humor entdeckt – oder bloß aus Versehen die CDU-Pressemappe für bare Münze genommen?

Vielleicht liegt der plötzliche Sinneswandel ja auch an einem Missverständnis. In Amerika bedeutet „konservativ“ oft: Waffennärrisch, gottesfürchtig und gegen jede Form von Sozialstaat. Da wirkt Merz im Vergleich tatsächlich fast wie ein deutscher Obama – nur eben ohne Charisma, Rhetorik oder Visionen. Aber hey: Er trägt Anzug und redet gerne über Steuererleichterungen für Leute, die sowieso keine Probleme haben. Das muss doch reichen für internationale Anerkennung!

Die deutsche Öffentlichkeit ist unterdessen vorsichtig optimistisch – also genauer gesagt: vorsichtig und skeptisch. Denn wenn selbst die New York Times glaubt, Merz sei die Antwort, dann ist die Frage vielleicht falsch gestellt.

Oder, wie ein Twitter-User treffend kommentierte: „Wenn Friedrich Merz unsere Hoffnung ist, sollten wir anfangen, uns vor der Hoffnung zu fürchten.